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Zentrale Gedenkveranstaltung der Gemeinde Swisttal am 15.Juli 2022 auf dem Gelände der Bundespolizei in Heimerzheim

Mitteilung zur heutigen Gedenkveranstaltung im Rahmen des Gedenkens an die Flutkatastrophe im Juli 2021.

Zum Jahrestag der Flutkatastrophe, welche im Juli 2021 zu großflächigen Zerstörungen im gesamten Gemeindegebiet geführt hat, wurde gemeinsam mit Vertretern der Ratsfraktionen, der Bundespolizei, der Kirchen und Freikirchen, sowie der Hilfsorganisationen eine zentrale Gedenkveranstaltung organisiert. Die Gedenkveranstaltung wurde nach weiterer Absprache mit den Ortsvorstehern auf den 15. Juli 2022 terminiert. Nach einer Begrüßung durch Bürgermeisterin Kalkbrenner und Polizeidirektor Carsten Westerkamp wurde zu Anfang der Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Flutkatastrophe ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert, welcher durch Superintendentin Claudia Müller-Bück, Pater Madej Marek, Pastor Willy Thiessen und Bundespolizeioberpfarrer Stephan Becker gestaltet wurde. Die musikalische Begleitung des Gottesdienstes sowie die weitere musikalische Gestaltung der Gedenkveranstaltung erfolgte durch das Bundespolizeiorchester München.   

Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner stellte ihre Rede unter die Überschrift: Gedenken – Dank – Zuversicht. (Die Rede finden Sie im Anschluss an diesen Text)

Anschließend ging Polizeidirektor Carsten Westerkamp in seiner Rede zunächst auf die besondere Situation des durch die Flutkatastrophe verursachten Ausfalls der wesentlichen Kommunikationsmöglichkeiten sowie der extrem eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten der Rettungskräfte ein. Höchste Priorität hatten in dieser ersten Phase der Katastrophe die Menschenrettung und die Evakuierung, insbesondere durch den zu diesem Zeitpunkt nicht auszuschließenden drohenden Dammbruch der Steinbachtalsperre.

Auch Westerkamp betonte, wie sehr Menschen aus ihrem Leben gerissen, ihr Zuhause verloren und zu Betroffenen wurden. Hierunter befanden sich auch Angehörige der Bundespolizei aus dem Ahrtal, aus Euskirchen und aus Swisttal. Er wies auf Gespräche hin, die er mit Betroffenen führte und in denen sich zeigte, dass die Auswirkungen auf das Leben der Menschen sehr unterschiedlich sind. Insbesondere betrifft dies die Psyche derjenigen, die Bilder und Geräusche der Katastrophe nicht aus dem Kopf bekommen oder für die Starkregenereignisse Belastungen darstellen. Westerkamp hob besonders das Engagement der vielen freiwilligen und ehrenamtlichen Helfer hervor, die sowohl mit Muskelkraft helfen, aber auch psychologische Stütze sind. Abschließend wünschte er allen Betroffenen, dass sich ihre schwierige Situation zum Guten ändert oder schon geändert hat und sie wieder optimistisch in die Zukunft sehen können.

Der Standort der Bundespolizei beherbergte in der Spitze 300 Evakuierte und 170 Einsatzkräfte der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben. Ab dem 16. Juli konnten zudem die Führungsorgane der Feuerwehr und des THW sowie der Stab für Außergewöhnliche Ereignisse der Gemeinde untergebracht werden.

Nachfolgend sind Fotos der Gedenkveranstaltung beigefügt. Die Hilfsorganisationen hatten zudem Fahrzeuge und Einsatzmittel, die auch in der Flutkatastrophe zum Einsatz kamen ausgestellt. Bürgermeisterin Kalkbrenner bedankte sich bei Sponsoren aus Hilfsorganisationen, Versorgungsunternehmen und Gewerbe, die Getränke sowie Kuchen und Gebäck zur Verfügung stellten. Ein besonderer Dank ging an die Bundespolizei, die für die Gedenkveranstaltung ihr Gelände zur Verfügung stellte und mit Personal und Material die Veranstaltung maßgeblich unterstützte.

Quelle der Fotografien: Bundespolizei/Jacob Maibaum 

Polizeidirektor Carsten Westerkamp bei seiner Rede anlässlich des Gedenktags

Polizeidirektor Carsten Westerkamp bei seiner Rede anlässlich des Gedenktags

Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner bei ihrer Rede anlässlich des Gedenktags

Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner bei ihrer Rede anlässlich des Gedenktags

Ein Teil des Ausstellungsgeländes mit Fahrzeugen der Bundespolizei

Ein Teil des Ausstellungsgeländes mit Fahrzeugen der Bundespolizei

Ein Bläser der Big Band des Polizeiorchesters aus München

Ein Bläser der Big Band des Polizeiorchesters aus München

Die gesamte Big Band des Bundespolizeiorchesters aus München

Die gesamte Big Band des Bundespolizeiorchesters aus München

Betroffene der Flut erzählen ihre Geschichte

Betroffene der Flut erzählen ihre Geschichte

Eine weitere Szene aus dem Interview mit Betroffenen der Flut

Eine weitere Szene aus dem Interview mit Betroffenen der Flut

Zwei Hunde der Malteser

Zwei Hunde der Malteser

Der Gottesdienst anlässlich der Gedenkfeier

Der Gottesdienst anlässlich der Gedenkfeier

Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gedenkveranstaltung vor der Bühne

Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gedenkveranstaltung vor der Bühne

Ein Teil des Publikums während der Gedenkveranstaltung

Ein Teil des Publikums während der Gedenkveranstaltung

 

 

 

Rede Bürgermeisterin Kalkbrenner zum Gedenktag

am 15.07.2022

Es gilt das gesprochene Wort -

Gedenken – Dank – Zuversicht

(Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft)

Meine Damen und Herren,

ein Wort, das Sie heute ganz oft hören werden, ist DANKE.

DANKE Ihnen allen, dass Sie gekommen sind.

Danke den Beschäftigten und Mitgliedern der vielen Hilfsorganisationen, der Swisttaler Feuerwehr und allen weiteren Feuerwehren, der Bundeswehr, der Bundespolizei hier in Heimerzheim, der Landespolizei, den Vereinen und Initiativen, den Menschen aus Swisttal und Umgebung, allen Helferinnen und Helfern.

Vielen Dank auch dem Orchester, von dem wir eben das Stück gehört haben:

„Über sieben Brücken musst Du gehen“.

Sieben DUNKLE Jahre überstehen,

sieben Mal wirst Du die Asche sein,

aber einmal auch der HELLE Schein.

Wenn wir uns heute treffen, dann tun wir das, um an das DUNKLE von vor einem Jahr zu erinnern – an die Flut und das Hochwasser hier bei uns in Swisttal – aber auch an all das HELLE, was wir seitdem an Gemeinschaft und gegenseitiger Hilfe und Unterstützung erfahren haben.

Und diesen Blick auf das Erlebte, auf Heute und auf das, was kommen mag, haben wir entsprechend überschrieben mit  ->  Erinnern, Dank und Zuversicht.

Gerne möchte ich zu den drei Punkten einen kurzen Impuls geben. Und ich beginne mit dem Erinnern, mit dem Gedenken, mit dem Blick in die Vergangenheit.

I.

In der Nacht vom 14. auf den 15.07.2021 brach eine der gewaltigsten Naturkatastrophen der Nachkriegszeit über uns in Swisttal herein, hat unser Leben komplett verändert und mit der Erinnerung an die Flutnacht werden die schrecklichen Bilder wieder lebendig. Die Folgen der Katastrophe werden uns menschlich und finanziell noch lange begleiten.

Dieser Rückblick beginnt aber auch genau hier, bei der Bundespolizei in Heimerzheim. Denn Sie lieber Herr Polizeidirektor Westerkamp und Ihre Kolleginnen und Kollegen haben in dieser Nacht und in den folgenden Tagen nicht nur tatkräftig mit angepackt, Sie haben uns als Stab der Verwaltung und dem Krisenstab der Feuerwehr in dieser folgenschweren Nacht Ihr Gelände hier zur Verfügung gestellt. Als Not-Unterkunft.

Doch nicht nur der Krisenstab hat hier Obdach gefunden, sondern auch hunderte Menschen, die von vielen Helferinnen und Helfern in dieser Nacht und am darauffolgenden Tag aus den Fluten oder aus beschädigten Gebäuden gerettet und evakuiert wurden.

Wer in Swisttal seinen Wohn- und Lebensort hat, wurde oft beneidet, ob der ländlichen Idylle, der Ruhe und Natur-Nähe. Heute vor einem Jahr ist diese Natur-Nähe für viele Menschen zu einem Schrecken der Natur geworden, die Idylle zum Desaster. Menschen wurden obdachlos, Menschen hatten Angst um ihr Leben und (4) Menschen sind in Swisttal in dieser Katastrophe ums Leben gekommen.   

Das Hochwasser und der Starkregen haben in fast allen Ortsteilen zu enormen Schäden geführt. Das galt für unseren größten Ortsteil Heimerzheim und in besonderer Weise auch für Odendorf, Ludendorf, Essig und Miel, wo eine zusätzliche Gefahr durch einen drohenden Bruch der Steinbachtalsperre bestand.

Doch der materielle Schaden ist das eine – die persönliche Betroffenheit und die psychischen Folgen sind etwas ganz anders. Viele Menschen sind seit dem 14./15. Juli 2021 traumatisiert. Auch heute noch. Jeder Regenschauer versetzt in Panik.

Das berührt und erschüttert mich immer wieder. Und ich kann nur immer wieder sagen: Wir wollen und müssen alles Menschenmögliche tun, um den Betroffenen zu helfen.

Wir brauchen immer noch Hilfe in jedem Bereich, aber wir haben auch ganz viel Hilfe vor Ort von den Hilfsorganisationen und nach wie vor von Freiwilligen. Wofür ich zutiefst dankbar bin und immer wieder ermutige, diese Hilfen auch anzunehmen.

Und doch gibt es in dem ganzen DUNKEL eben auch das HELLE: Denn ohne die vielen spontanen und freiwilligen Helfer wäre die Situation damals vor allem nach der Katastrophe noch viel schlimmer gewesen.

Helferinnen und Helfer, die kamen, ohne dass wir nach ihnen rufen konnten. Die in unseren Ortsteilen zugange waren. Die kamen, angepackt haben und nach getaner Arbeit wieder verschwunden sind. Viele sind oft, bis heute, immer wieder gekommen; sie fragten nicht nach Gegenleistung.

Darum nach dem GEDENKEN nunmehr der DANK.

Viele von denen, die damals mitgeholfen haben, sind heute hier. Ihnen danke ich wirklich herzlich und aus voller Überzeugung für Ihren Einsatz – selbstlos und allzu oft bis an den Rand der eigenen Kräfte.

Hierfür spreche ich Ihnen stellvertretend für die Swisttaler Bürgerinnen und Bürger meinen höchsten Respekt und meine größte Anerkennung aus.

Bitte tragen Sie diesen Dank weiter an alle, die heute NICHT hier sind, nicht hier sein können. Weil sie an anderer Stelle gedenken, weil sie verhindert sind – oder weil wir ihre Namen gar nicht kennen. Denn wie gesagt: Viele kamen einfach und haben angepackt.

Eine bis dahin wohl selten gesehene Form der Solidarität, die aber für Betroffene und für uns als Kommune viel bewirkt hat. Die für so viele Menschen STÜTZE war angesichts der LAST, die sie tragen mussten und noch tragen.

Hilfsorganisationen wie Johanniter, Caritas, Malteser, DRK, AWO und Diakonie sind seit dem 15. Juli vor einem Jahr vor Ort in Swisttal.

Wir haben noch nicht alles hinter uns. Der Wiederaufbau der Privathaushalte läuft – ja – aber mit manchen Hindernissen und oft langsam, insbesondere wegen fehlender Handwerker oder Material.

Auch die Beantragung, Zuweisung und Auszahlung von staatlichen Fördermitteln oder Versicherungsleistungen braucht oft Zeit. Die betroffenen Menschen brauchen Kraft, Durchhaltevermögen und Zuversicht, um weiterzumachen. Noch sind (auch) nicht alle wieder zurück in ihren Wohnungen und Häusern.

Auch der Wiederaufbau der öffentlichen Infrastruktur wird noch Jahre in Anspruch nehmen. Die Themen Katastrophenschutz und Hochwasserschutz werden seit der schrecklichen Nacht vor einem Jahr politisch komplett neu aufgerollt. Wir müssen alle ganz neu denken, und das auf allen Ebenen.

Dass eine Kommunikationsstruktur – Festnetz, Mobilfunknetze, Digitalfunk und gar Satellitentelefon - ausfällt, das darf es nicht mehr geben.

An diesem Punkt – und an weiteren – gilt es nicht nachzulassen, um Änderungen zum Besseren einzufordern. Doch dafür ist heute weder der Ort noch der richtige Zeitpunkt. Heute ist der Zeitpunkt DANKE zu sagen für alle, die angesichts dieser Jahrhundertkatastrophe und der von ihr verursachten Struktur-Ausfälle eingesprungen sind. Danke an Sie alle. – Denn Sie haben Schlimmeres verhindert!

Wie geht es nun weiter? Lassen Sie mich als dritten Impuls einen kurzen Ausblick wagen.

Unser Leben hat sich in einer Nacht für immer verändert. Wir alle werden an der Katastrophen-Nacht noch lange zu knabbern haben – psychisch und auch, was den Wiederaufbau angeht. Und jede Form von beschwichtigendem „Alles wird gut“ hilft den Menschen nicht, die alles verloren haben.

Es gibt aber zwei wichtige Punkte, die uns Zuversicht schenken.

Erstens die Sache mit dem Geld. Ich habe immer gesagt: Wir brauchen Geld, Geld, Geld.

Für alle Nicht-Versicherten ist die 80 % Wiederaufbauförderung, wie versprochen, schnell beschlossen worden; auch die Versicherten können hier, wenn ein großes finanzielles Delta bleibt, einen ergänzenden Antrag stellen. Und für die dann noch bleibenden finanziellen Notsituationen gibt es die Hilfsorganisationen, die bei uns nach wie vor aktiv sind.

Wertvoll für uns ist auch die Beratung durch den Rhein-Sieg-Kreis vor Ort in Ludendorf sowie die Einrichtung der Wiederaufbaustelle und die beratende Unterstützung durch die Hilfsorganisationen bei uns in Swisttal zum Wiederaufbau.

Das hilft uns, etwas positiv und optimistisch in die Zukunft zu schauen. Damit wir nicht verzweifeln oder resignieren, sondern die Chancen sehen. Damit wir sehen, wie sich das DUNKLE ins HELLE wandelt – langsam – vielleicht für manche zu langsam, das verstehe ich – aber stetig.

Der zweite Punkt, warum ich zuversichtlich bin, ist die viele Hilfe – die Unterstützung und Solidarität, die wir bis heute immer noch erfahren. Helfer, die auch heute noch immer wieder kommen. Sie setzen ihre KRAFT dort ein, wo andere KRAFTlos geworden sind. Dafür sind wir unendlich dankbar.

Und diese unterstützenden Menschen, an die sich eben mein DANK gerichtet hat, das sind die Menschen, die uns zugleich ZUVERSICHT geben. Weil sie jedem einzelnen Betroffenen deutlich machen: Du bist nicht allein. „Echte Fründe ston zesamme“.

Was ich persönlich auch für wichtig halte für Zuversicht und einen zuversichtlichen Blick in die Zukunft: Dass wir alles dafür tun, damit den Betroffenen geholfen wird und sich das Geschehene niemals wiederholt.

Es hat dazu in den vergangenen Monaten einige Gesprächsrunden gegeben – mit Rettern und Geretteten, mit Bewohnern, mit Lehrern und Erzieherinnen, mit Handwerkern und Geschäftsinhabern. Wir werden gleich im Anschluss noch eine Interview-Runde mit 8 Menschen haben, die das zusammenfassen. Marion Theisen wird das wieder moderieren. Liebe Frau Theisen, Danke auch Ihnen, dass Sie heute hierhergekommen sind.

Denn so bleiben wir im Gespräch. Und miteinander im Gespräch bleiben, Kontakte pflegen und halten, sich nicht verkriechen ins DUNKLE, sondern sich öffnen für das HELLE – Das ist die vielleicht wichtigste Voraussetzung, mit Zuversicht und Optimismus den weiteren Weg zu gehen.

Ein bekannter Unternehmensberater zeigt seinen Klienten an solchen Stellen gerne ein weißes Blatt Papier mit einem schwarzen Punkt in der Mitte. Und dann lassen sich alle über den schwarzen Punkt aus. Wie düster der wirkt, wie allein der so dasteht, wo genau auf dem Blatt er positioniert ist – und übersehen ganz, dass 99 Prozent des Blattes HELL und weiß sind. Lassen Sie uns also nicht nur auf den schwarzen Punkt schauen, sondern auf eine solidarische Gemeinschaft, auf gegenseitige Hilfe, auf Zuwendung und auf den Austausch untereinander. Dann sehen wir: Da ist ganz viel HELLES bei uns in Swisttal.

Im Gottesdienst eben hatten wir gesungen:

„Meine engen Grenzen / meine ganze Ohnmacht / mein verlorenes Zutrauen

Bringe ich vor dich.

Wandle sie in Weite / wandle sie in Stärke / wandle sie in Heimat“

Das wünsche ich uns allen. Weitsicht, Stärke und Heimat.

Vielen Dank.