Hauptnavigation
Dropdown

Ab hier beginnt der Inhalt

Grußwort der Bürgermeisterin zum Volkstrauertag

Die zentrale Gedenkfeier der Gemeinde Swisttal zum Volkstrauertag auf dem Ehrenfriedhof in Swisttal-Heimerzheim wurde in diesem Jahr aufgrund der aktuellen Situation der Corona-Pandemie abgesagt. Zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt wird die Gemeinde Swisttal gemeinsam mit der Bundespolizei eine stille Kranzniederlegung durchführen. Anlässlich des Volkstrauertages richtet Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner ein Grußwort an die Bürgerinnen und Bürger.

Grußwort

von Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner

anlässlich des Volkstrauertags am Sonntag, den 15.11.2020

 

Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,

das Gedenken an die Kriegstoten und Opfer von Gewaltherrschaft aller Nationen am Volktrauertag ist ein fester Bestandteil der Erinnerungskultur in der Gemeinde Swisttal. Die zentrale Gedenkveranstaltung auf dem Ehrenfriedhof in Heimerzheim und Gedenkveranstaltungen in einzelnen Swisttaler Ortsteilen stehen unter den Einschränkungen der Corona-Pandemie. Die zentrale Gedenkfeier unter Beteiligung von Vereinen, Schülerinnen und Schülern der Georg-von-Boeselager Sekundarschule und der Freiwilligen Feuerwehr Swisttal wurde daher abgesagt. Die Gemeinde Swisttal wird stattdessen gemeinsam mit der Bundespolizei eine stille Kranzniederlegung vornehmen.

Der diesjährige Volkstrauertag steht im Zeichen des Gedenkens an den 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges bei dem zwischen 60 bis 70 Millionen Menschen starben. Die Generation derer, die den Krieg in jungen Jahren erlebten und überlebten, hat Zerstörung, Hunger, Entbehrungen, Angst, Verfolgung, Tod und den Verlust Angehöriger erfahren. Sie wissen, was Krieg und was Frieden und Freiheit bedeuten. Viele dieser Menschen haben die jüngeren Generationen an ihren Erinnerungen teilhaben lassen und leisten damit einen bedeutsamen Beitrag zur Friedensstiftung. Nach dem Kriegsende 1945 haben die Länder Europas zu einem friedlichen Miteinander gefunden.  Frieden ist ein kostbares Gut, dessen Erhaltung großes Engagement und großen Einsatz fordert.

Anlässlich des 75. Jahres vom Ende des Zweiten Weltkrieges möchte ich aus dem Roman „Im Frühling sterben“ von Ralf Rothmann zitieren:

„Das Schweigen, das tiefe Verschweigen, besonders wenn es Tote meint, ist

letztlich ein Vakuum, das das Leben irgendwann von selbst mit Wahrheit füllt.

– Sprach ich meinen Vater früher auf sein starkes Haar an, sagte er, das komme

vom Krieg. Man habe sich täglich frischen Birkensaft in die Kopfhaut gerieben,

es gebe nichts Besseres; er half zwar nicht gegen die Läuse, roch aber gut. Und

auch wenn Birkensaft und Krieg für ein Kind kaum zusammenzubringen sind –

ich fragte nicht weiter nach, hätte wohl auch wie so oft, ging es um die Zeit, keine

genauere Antwort bekommen. Die stellte sich erst ein, als ich Jahrzehnte später

Fotos von Soldatengräbern in der Hand hielt und sah, dass viele, wenn nicht die

meisten Kreuze hinter der Front aus jungen Birkenstämmen gemacht waren.“

Wir gedenken der Opfer der beiden Weltkriege und an jene, die ihr Leben verloren, weil sie Widerstand gegen die Gewaltherrschaft leisteten und jene, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten oder Teil einer Minderheit waren.

Der Neuanfang für die Menschen nach dem Ende des zweiten Weltkrieges war ein steiniger Aufbruch. Vertreibung, Flucht, Kriegsgefangenschaft und der Wiederaufbau brachten vielfältige Herausforderungen für Europa mit sich.  Dank vieler Menschen, die sich für Versöhnung und ein friedliches Zusammenleben in Europa eingesetzt haben und weiterhin einsetzen, leben wir seit 75 Jahren in Frieden, Freiheit und Wohlstand. Doch in vielen Ländern der Welt leiden die Menschen unter den Folgen von noch andauernden Kriegen und gewaltsamen Krisen.

Am Volkstrauertag gedenken wir der Soldaten und den Zivilisten, die durch Kriegshandlungen, in Gefangenschaft oder durch Vertreibung ihr Leben verloren. Ebenso gedenken wir aller Opfer von Gewalt und Krieg. Unsere Anteilnahme und unser Mitgefühl möchten wir mit den Menschen teilen, die durch Krieg und Gewalt Angehörige und Freunde verloren haben.

Wir ehren die Bundeswehrsoldaten, die während ihres Dienstes gefallen sind. Als Aus- und Fortbildungsstandort der Bundespolizei trauern wir um die Bundespolizisten, die sich für die Sicherheit der Bevölkerung eingesetzt haben und im Dienst gestorben sind. Wir gedenken der Menschen, die in unseren Tagen, Opfer rassistisch, antisemitisch oder politisch motivierter Gewalt wurden. Am Volkstrauertag gedenken wir aller Menschen die Opfer von Gewalt und Kriegen, Terrorismus, Hass, Rassismus und politischer Verfolgung werden.

Die Kriegsgräber sind Mahnmale für die verheerenden Folgen von Krieg und Gewalt, die ein unbegreifliches Ausmaß an Zerstörung, Elend und Leid für die Menschen bedeuten. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge sorgt für die Unterhaltung und Pflege von mehr als 2,8 Millionen Gräbern. An den Kriegsgräberstätten führt der gemeinnützige Verein junge Menschen bei internationalen Jugendbegegnungen und Workcamps unter dem Motto „Versöhnung über den Gräbern – Arbeit für den Frieden“ zusammen.

Pater Manfred Kollig, Generalvikar des Erzbistums Berlin, zitiert in einer Predigtmeditation den für seinen Widerstand gegen den Nationalsozialismus bekannten Bischof von Berlin, Kardinal Graf von Preysing: „Jede Zeit hat ihren Fluch, und jede Zeit hat ihren Segen.“  Aus jeder Zeit und aus jeder Situation können wir lernen. Um die beste mögliche Version unserer Zukunft zu gestalten, sollten wir uns an die Vergangenheit erinnern und aus ihr lernen. Besonders in schwierigen Zeiten und Situationen kommt es darauf an, dass Menschen sich solidarisch zeigen und sich mit ihren Fähigkeiten und Talenten für einander einsetzen. Der Volkstrauertag mahnt uns zu Verständigung und Versöhnung und zugleich lädt er uns dazu ein, darüber nachzudenken, auf welche Weise wir persönlich, politisch, gesellschaftlich Verantwortung für Gerechtigkeit und Frieden übernehmen.

Der Volkstrauertag mahnt uns, dass unser Einsatz und das Engagement jedes Einzelnen für ein friedliches Miteinander und Zusammenleben entscheidend ist. Er ist ein Tag des stillen Gedenkens an die Opfer von Krieg und Gewalt und zugleich ein Moment des Innehaltens und ein Anlass sich auf das Wesentliche zu besinnen. Wir ehren die Toten und bleiben mit Ihnen verbunden in unserem Bestreben Frieden, Menschlichkeit, Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie für uns und die kommenden Generationen zu bewahren.